Wer sich oder seine Angehörigen absichern will, denkt meist an eine Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherung. Eine länger zurückliegende Krebserkrankung kann einen Vertragsabschluss aber verhindern. In der Folge kann es für Krebsbetroffene schwierig sein, Bankkredite abzusichern, auch wenn die Erkrankung schon einige Jahre zurückliegt. Weil dies Krebsüberlebende möglicherweise diskriminiert, wird auf europäischer Ebene aktuell ein „Recht auf Vergessen" („right to be forgotten") diskutiert. Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums informiert über die aktuellen Regelungen in Deutschland.
Vor Abschluss bestimmter Versicherungsverträge müssen Interessierte in der Regel einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Für Krebsüberlebende besteht dabei ein hohes Risiko, dass das Versicherungsunternehmen den Vertragsabschluss ablehnt, bestimmte Risiken ausschließt oder eine höhere Prämie festlegt. Banken stellen zwar keine Fragen zur Gesundheit, wollen aber – häufig über Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen – sicherstellen, dass ein Kredit zurückgezahlt wird. Carmen Flecks, Juristin beim Krebsinformationsdienst, merkt an: „Mit dem auf EU-Ebene diskutierten „Recht auf Vergessen“ wird dieses Problem angegangen. Insbesondere für Menschen nach Krebs ist deshalb wichtig zu wissen, welche versicherungsrechtlichen Regelungen aktuell in Deutschland gelten.”
In Deutschland regelt das Versicherungsvertragsgesetz, dass Gesundheitsfragen vor dem Abschluss eines Versicherungsvertrages wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen. Dabei haben Antragstellende eine umfassende Anzeigepflicht, die bei falschen oder unvollständigen Angaben eine Vertragsauflösung durch das Versicherungsunternehmen nach sich ziehen kann. Bei fahrlässigen Angaben hat das Versicherungsunternehmen fünf Jahre Zeit, seine Rechte wegen falscher Angaben geltend zu machen. Die Frist gilt nicht, wenn innerhalb dieses Zeitraums Versicherte bereits Leistungen erhalten haben. Bei Vorsatz und arglistiger Täuschung beträgt die Frist zehn Jahre. Das kann im schlimmsten Fall bedeuten, dass bereits erhaltene Zahlungen zurückgezahlt werden müssen. Oder, was regelmäßig der Fall ist, dass bereits gezahlte Versicherungsbeiträge samt Versicherungsschutz verloren gehen.
Banken stellen zwar keine Fragen zur Gesundheit, wollen jedoch sicherstellen, dass ein Kredit zurückgezahlt wird. Deshalb verlangen sie Sicherheiten zum Beispiel in Form einer Lebensversicherung oder einer Restschuldversicherung, bevor ein Kredit gewährt werden kann. Doch eben diese Versicherungen können für Krebsbetroffene schwierig sein.
Das „Recht auf Vergessen" soll die Möglichkeit von Versicherungen einschränken, vor Vertragsabschluss Fragen zur Gesundheit zu stellen. Eine Krebserkrankung soll damit versicherungsrechtlich "vergessen" werden können. Damit könnte Krebsüberlebenden ein besserer Zugang zu Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen ermöglicht werden. Portugal, Frankreich und Luxemburg haben bereits ein „right to be forgotten" eingeführt. Dabei stimmen die Regelungen in den verschiedenen Ländern zwar nicht in allen Einzelheiten überein, haben aber die Gemeinsamkeit, dass Betroffene zehn Jahre nach der letzten Behandlung ihre Krebserkrankung nicht mehr angeben müssen. Diese Frist beträgt für Kinder und Jugendliche sogar nur fünf Jahre.
Bisher gibt es das „Recht auf Vergessen“ in Deutschland nicht. Daher empfehlen Verbraucherverbände nur Versicherungen abzuschließen, die rückwirkende Gesundheitsfragen bereits jetzt auf zehn oder fünf Jahre beschränken.
Beim Krebsinformationsdienst beantworten Ärztinnen und Ärzte alle Fragen zum Thema Krebs, auch zu sozialrechtlichen Themen. Sie sind täglich von 8 bis 20 Uhr unter 0800-420 30 40 oder unter krebsinformationsdienst@ zu erreichen und informieren wissenschaftlich fundiert, verständlich und kostenlos. dkfz.de
Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum